EKR 2015: Fragen und Antworten zum Tarifabschluss mit der TdL

02.04.2015

Am 28. März 2015 ist in Potsdam nach vier Verhandlungsrunden und zahlreichen Warnstreikmaßnahmen die Einkommensrunde 2015 mit einem Kompromiss zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) einerseits und den Gewerkschaften dbb und ver.di andererseits zu Ende gegangen.

Dass der verabschiedete Tarifvertrag eine tarifliche Eingruppierung von Lehrkräften enthält, ist ein Meilenstein in der Tarifgeschichte. Der Einstieg in eine Entgeltordnung für tarifangestellte Lehrkräfte ist nicht mehr als ein Einstieg, aber es ist endlich der Einstieg in Richtung einer gerechteren Bezahlung, auf den in den kommenden Tarifverhandlungen aufgebaut werden muss. Auf der Basis der dbb-Informationen haben wir nachfolgend Antworten zu wichtigen Fragen zusammengestellt. 

Um mehr zu erfahren klicken Sie bitte auch auf die Grafik.

Welche Entgelt-Erhöhungen sind vereinbart worden?

Alle Beschäftigten erhalten rückwirkend zum 1. März 2015 tabellenwirksam 2,1 Prozent mehr Entgelt. Ab 1. März 2016 werden die Tabellenentgelte um weitere 2,3 Prozent erhöht. Ergibt die Erhöhung um 2,3 Prozent weniger als 75 Euro, so wird das Tabellenentgelt mindestens um 75 Euro erhöht.

 

Zusatzversorgung

Warum sind Regelungen zur Zusatzversorgung Teil der Tarifeinigung zur Einkommensrunde?

Die Arbeitgeber hatten zu Beginn massive Einschnitte im Leistungsniveau der Betriebsrente gefordert. Unter dem Stichwort „Biometrie“ haben der dbb/VBE und die Arbeitgeber von Bund, TdL und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) seit 2008 darüber verhandelt, ob und welche Konsequenzen aus der gestiegenen Lebenserwartung für die tarifvertraglichen Regelungen zur Zusatzversorgung zu ziehen sind. Der dbb/VBE hat verlangt, für jede Zusatzversorgungseinrichtung individuell zu prüfen, wie die jeweiligen Rahmenbedingungen aussehen und ob sich aus der finanziellen Situation ein konkreter Handlungsbedarf ergibt.

Die TdL hat dieses Thema zum Gegenstand der Einkommensrunde gemacht, um den Druck auf die Gewerkschaftsseite zu erhöhen. Ohne eine Einigung beim Thema Zusatzversorgung hätte die TdL kein Angebot zur Tabellenerhöhung abgegeben. Im Ergebnis haben sich die Arbeitgeber aber mit der Kernforderung nach Einschnitten im Leistungsrecht nicht durchsetzen können. Das Leistungsniveau im Punktemodell bleibt unangetastet. Allerdings ist die gestiegene Lebenserwartung der Versicherten unbestritten. Wenn die Rentnerinnen und Rentner in der Folge ihre Betriebsrente länger als nach der sogenannten Sterbetafel aus dem Jahr 1998 vorgesehen beziehen, bedeutet das logischerweise einen zusätzlichen Finanzierungsaufwand für umlagefinanzierte Zusatzversorgungskassen.

Welche konkreten Folgen ergeben sich im VBL Abrechnungsverband West?

Im Abrechnungsverband West der VBL wird der höhere Aufwand aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung durch eine Erhöhung des Eigenanteils der Versicherten an der Umlage von derzeit 1,41 Prozent des zusatzversorgungsfähigen Entgelts aufgefangen. Der Eigenanteil steigt dabei zum 1. Juli 2015 um 0,2 Prozentpunkte und zum 1. Juli 2016 und zum 1. Juli 2017 um jeweils 0,1 Prozentpunkte. Der Arbeitgeberanteil an der Umlage steigt ebenfalls.

Wie ist die Einigung bei der Zusatzversorgung zu bewerten?

Mit der Einigung konnte das Niveau der Betriebsrente nach dem Punktemodell erhalten werden. Die Kernforderung der Arbeitgeber nach Einschnitten im Leistungsrecht konnte nicht zuletzt durch das entschlossene Auftreten der Kolleginnen und Kollegen auf den diversen Streikkundgebungen in den letzten Wochen abgewehrt werden. Der Erhalt des Sicherungsniveaus erfordert aber eine Steigerung des finanziellen Aufwandes für die Betriebsrente. Der dbb/VBE konnte erreichen, dass der Anteil am zusätzlichen Finanzierungsaufwand in gleichem Maß auf die Arbeitgeber und die Versicherten aufgeteilt wird. Im Ergebnis musste eine Zusatzbelastung der Arbeitnehmerseite zugestanden werden. Der Erhalt einer soliden Betriebsrente ist vor dem Hintergrund des ständig gesunkenen Niveaus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Sicherung eines angemessenen Einkommens im Alter aber unverzichtbar. Das war in der aktuellen Situation letztlich nur über eine Erhöhung des Eigenanteils der Arbeitnehmer an der Finanzierung der Zusatzversorgung erreichbar.

 

Entgeltordnung für Lehrkräfte und Einstieg in die Paralleltabelle

Welche Bemühungen gab es vor der Einkommensrunde 2015?

Fakt ist, dass die Gewerkschaften seit etwa zehn Jahren versucht haben, für die ca. 200.000 Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis eine tarifliche Entgeltordnung zu verhandeln. Bis zur Einkommensrunde 2013 hatte es im Rahmen einer solchen Einkommensrunde schon zwei Anläufe gegeben, eine Entgeltordnung zu platzieren. Dies ist jedes Mal am Widerstand der Arbeitgeber gescheitert. Der dbb/VBE hat nach der Lohnrunde 2013 in mühevoller Kleinarbeit die TdL davon überzeugt, nun alles zu unternehmen, die verhandlungsfreie Zeit bis zur Einkommensrunde 2015 zu nutzen, um ein eigenes Entgeltsystem zu entwickeln. Zwingende Vorgabe der Arbeitgeber war aber von Anfang an, dass dieses System sich am bestehenden Beamtenrecht auszurichten hat. Die Gewerkschaften dbb/VBE und GEW haben dies von Anfang an gewusst und sich auf dieses System eingelassen. Daraus ist dann am Ende der Verhandlungen das sogenannte „Lehrerpaket“ geworden. Weitergehende Forderungen der Gewerkschaften wurden von den Arbeitgebern in die Einkommensrunde verortet.

Potsdamer Tarifeinigung für Lehrkräfte – deutlich mehr Wert als 30 Euro

Der dbb hat die Tarifeinigung mit der TdL zur Eingruppierung von angestellten Lehrkräften mit seinen sechs Lehrer-Fachgewerk-schaften am Verhandlungstisch auf Arbeitnehmerseite exklusiv erzielt. In Potsdam fand damit nach über einjährigen Verhandlungen zur Lehrkräfte-Entgeltordnung kein gemeinsamer Zieleinlauf mit der GEW statt, mit der ab September 2014 gemeinsam verhandelt wurde.

Natürlich gab es höhere Forderungen, die der dbb/VBE gemeinsam mit der GEW formuliert hatte. Dennoch stellen die bis einschließlich 28. März 2015 mit der TdL gefundenen Regelungen für den dbb/VBE eine akzeptable Einigungsgrundlage zur Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte dar. Am Ende stand die schwierige Entscheidung, entweder an den Maximalforderungen festzuhalten, das heißt, alle Lehrkräfte bis EG 11 auf einen Schlag jeweils eine Entgeltgruppe höher einzugruppieren oder einen Kompromiss einzugehen.

Unser Weg:
Die Gremien des dbb haben mit großer Mehrheit entschieden,

- den Teufelskreis der in bisherigen Einkommensrunden angesammelten Misserfolge zu durchbrechen,

- nunmehr mit den Ländern Regelungen zur Eingruppierung der rund 200.000 Lehrkräfte mit oder ohne vollständiger Lehrerausbildung durch eine Entgeltordnung zum August 2015 zu vereinbaren,

- dabei den Einstieg in die Paralleltabelle zum August 2016 mit unmittelbar anschließender Aufstiegsperspektive im Jahr 2017 konkret auszugestalten sowie

- die Entgeltordnung für Lehrkräfte durch sachliche und beharrliche Tarifarbeit weiter zu verbessern.

Tarifeinigung beendet den Teufelskreis der Misserfolge

Die Tarifeinigung beendet den Teufelskreis aus Misserfolgen: Erstmals bekommen die angestellten Lehrkräfte Zugriff auch auf die Regelungen zur Eingruppierung. Durch ihre Interessenvertretung haben sie das Werkzeug zur Mitgestaltung selbst in der Hand. Das ist ein tarifpolitischer Wert an sich. Das kann nur ein Tarifvertrag als künftig ausbaubare Verhandlungsgrundlage gewährleisten.

Hierzu zählt, dass bereits durch die Tarifeinigung die Abschaffung der bisherigen Arbeitgeber-Richtlinien zur Lehrkräfte-Eingruppierung bewirkt wird.

Unser Argument:
Die Abschaffung insbesondere der TdL-Richtlinie Ost bedeutet, dass Lehrkräfte mit gleicher Ausbildung und Tätigkeit in allen Ländern nach den gleichen Regeln eingruppiert sind und die Einteilung in die Tarifgebiete Ost und West endgültig vorbei ist.

Hintergrund:
Die bundesweite Fixierung der Eingruppierung von Lehrkräften ist die einzig mögliche Grundlage für die Ausgestaltung und Aufwertung des Lehrerberufs durch Verhandlungen. Diese Verhandlungsgrundlage tritt an Stelle der bislang durch die Arbeitgeber einseitig festgelegten und dadurch der Mitgestaltung entzogenen Zuordnung zu den Entgeltgruppen des TV-L.

Entgeltordnung heißt verbesserte Eingruppierung

Die Tarifeinigung schafft durch die mit der TdL ausgehandelten Verbesserungen in der tariflichen Zuordnung ab August 2015 Möglichkeiten der Höhergruppierung, weil die bisherige Tätigkeit besser eingruppiert ist und erstmals Entgeltgruppenzulagen für Lehrkräfte zustehen. Das ist die individuelle Aufwertung der Tätigkeit als Lehrkraft.

Beispiele:
Die Entgeltordnung bietet strukturelle Verbesserung gegenüber der bisherigen einseitigen Zuordnung durch die jeweiligen Lehrerrichtlinien unter anderem für 

- Lehrkräfte ohne eine vollständige Lehrer-Ausbildung und Seiteneinsteiger: Für sie wird das Entgeltniveau um bis zu drei Entgeltgruppen angehoben;

- Lehrkräfte, die lediglich über ein 1. Staatsexamen verfügen: Sie haben die gleichen Beförderungsmöglichkeiten wie Lehrkräfte mit 2. Staatsexamen;

- Kunst-, Musik- und Sportlehrer: Sie werden Lehrkräften mit vergleichbaren Abschlüssen in anderen Fachrichtungen gleichgestellt;

Unser Argument:
Verschlechterungen für Beschäftigte infolge der Einführung der Entgeltordnung sind ausgeschlossen. Demgegenüber werden vor allem für viele der rund 40.000 Lehrkräfte in Deutschland, die nicht über eine vollständige Lehrerausbildung verfügen, aber aufgrund bestimmter Bedarfe zur Unterrichtsversorgung in den Schulen unentbehrlich sind, zahlreiche Verbesserungen in der Eingruppierung bereits zum August 2015 möglich.

Tarifeinigung ist der Einstieg in die Paralleltabelle

Die Tarifeinigung ist der Einstieg in die Paralleltabelle, also in die der Besoldungsgruppe beamteter Lehrer analoge Eingruppierung angestellter Lehrer. Ab August 2016 wirkt die erste Stufe des Annäherungsverfahrens zwischen dbb und der TdL mit dem Ziel, die Ein-gruppierung vollständig am Besoldungsrecht der beamteten Kolleginnen und Kollegen in jeweils denselben Lehrerzimmern zu orientieren. In 2017 erfolgt der nächste, dann auf 30 Euro im Monat aufbauende Schritt zur endgültigen Umsetzung der Paralleltabelle für angestellte Lehrkräfte. Das ist die Aufwertung des Bezahlungssystems von Lehrkräften.

Unser Argument:
Die Tarifeinigung stellt die Paralleltabelle zwar noch nicht abschließend her, aber sie schreibt insbesondere den Einstieg und den Zeitpunkt für den nächsten Schritt in ihre Richtung konkret vor. Für Lehrkräfte, die derzeit niedriger als in Entgeltgruppe 12 eingruppiert sind, wird mit dem Annäherungsverfahren die bestehende Entgeltdifferenz zur nächst höheren Entgeltgruppe (beziehungsweise von der sogenannten „kleinen EG 9“ in die EG 9) durch Angleichungszulagen schrittweise reduziert, bis zum künftigen Ergebnis einer Höhergruppierung insbesondere von EG 11 nach EG 12 (= A 12), von EG 10 nach EG 11 (= A 11), von EG 9 nach EG 10 (= A 10), von EG 9 klein nach EG 9 (= A 9). Diese Lehrkräfte erhalten ab August 2016 eine dauerhafte Zulage von 30 Euro, die weiter erhöht wird. Das ist also keine Einmalzahlung, sondern ein fester Bestandteil des Gehalts. Für einen Beschäftigten in EG 9 bedeutet das bereits in dieser Tarifrunde ein zusätzliches Entgelt-Plus von rund 1 Prozent.

Unser Standpunkt: Tarifvertrag heißt Mitgestaltung
Wer die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten rechtssicher gestalten will, braucht anerkannte Verhandlungsergebnisse

Unser Argument:
Mit der Einigung gelingt sowohl der Einstieg als auch die konkrete Aufstiegsperspektive in die vom dbb/VBE angestrebte Aufwertung des Lehrerberufs und die Anhebung der Lehrkräfte-Bezahlung. Durch die Tarifeinigung werden wesentliche Arbeitsbedingungen gegenüber rund 200.000 Beschäftigten der Länder erstmals überhaupt verhandelbar. Konkrete Schritte sind bereits vereinbart, weitere Schritte werden folgen.

Hintergrund:
Für Lehrkräfte galt bislang keine zwischen ihren Interessenvertretungen und den Arbeitgebern ausverhandelte Zuordnung von Tätigkeiten zu den Entgeltgruppen des TV-L (Eingruppierung). Vielmehr beanspruchten die Länder nach Maßgabe von Richtlinien ein einseitiges Bestimmungsrecht, wie Lehrkräfte bezahlt werden.
Demgegenüber ist der dbb/VBE angetreten, den insoweit völlig tariflosen Zustand bei der Lehrkräfte-Eingruppierung zu beenden. Lehrkräfte stellen zwar rund jeden vierten Landesbeschäftigten und sind insbesondere unter den Mitgliedsgewerkschaften des dbb stark vertreten. Jedoch blieb dieser wichtigen Beschäftigtengruppe eine Regelung der Eingruppierung auch ab 2012, als die Entgeltordnung zum TV-L umgesetzt werden konnte, weiterhin vorenthalten. Trotz intensiver Auseinandersetzungen um die Frage einer Lehrkräfte-Entgeltordnung, seit der Einkommensrunde 2009 und zuletzt in der Einkommensrunde 2013, war bislang keine Einigung mit den Ländern möglich, Lehrkräfte in die Systematik der tariflichen Eingruppierung einzubeziehen.


Die vorläufige Entgelttabelle für Lehrkräfte (Berechnung des dbb)


Nachtrag:

Wir bedanken uns bei allen, die uns bei den Arbeitskampfmaßnahmen unterstützt haben.

 Warnstreik

 Warnstreik  Warnstreik
 Warnstreik  Warnstreik
 Warnstreik  warnstreik

 alle Fotos: Fiegel; Ochmann, VBE

Weitere Artikel im Bereich ""
26.05.2023
VBE: Entgrenzte Arbeitszeit belastet

Der Bericht der Landesregierung über die Ergebnisse der COPSOQ-Befragung stand gestern (25. Mai 2023) auf der Tagesordnung des Schulausschusses. Die gesetzlich verpflichtende Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen für Lehrkräfte wird seit 2012 mit Hilfe des Instruments "COPSOQ" durchgeführt. Die Ergebnisse der Berichte COPSOQ I und COPSOQ II zur psychosozialen Belastung von Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen sind alarmierend. COPSOQ bestätigt, was der VBE schon lange sagt: Die Landesregierung ist gefragt, die Belastung in den Schulen zu reduzieren. Dazu erklärt Wibke Poth, stellv. Landesvorsitzende des VBE NRW:

25.05.2023
Stau auf der A13 - Chronik einer Baustelle

Der VBE wirkt!

30.01.2023
Stellungnahme zu den SWK-Empfehlungen

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) hat Empfehlungen zum Umgang mit dem Lehrkräftemangel vorgelegt. Zunächst ist es sehr begrüßenswert, dass die SWK und die KMK jetzt die Realität anerkennen, nachdem vor Monaten die Zahlen zum Lehrkräftemangel noch schöngerechnet wurden. In einem zweiten Schritt sollten sich nun die wissenschaftlichen Ergebnisse an der Machbarkeit und nicht der Kreativität scheinbarer Lösungen orientieren.

21.09.2022
Fortsetzung der Aktionen

Ergänzung der Chronik A13

17.01.2020
Junger VBE trifft JuLis

Meinungsaustausch über die politischen Statements des Jungen VBE

Grafik: © VBE NRW
Ihre Qualifizierung vor Ort

Termine, Orte und Anmeldung

Grafik: KirschKürmann
Ausgabe September/Oktober 2023

Schulkultur


URL dieses Artikels:
http://www.vbe-nrw.de/menu_id/318/content_id/4160.html

VBE-Bezirksverbände

Arnsberg Detmold Düsseldorf Köln Münster

copyright © 2001 - 2019 Verband Bildung und Erziehung, Landesverband NRW